So oder ähnlich könnte die Überschrift in einer großen Boulevard-Zeitung lauten, würde sie denn über die wirklich wichtigen Ereignisse berichten. Denn was sich am Freitagabend in Halle B abspielt, ist mal wieder ganz großes Kino – mit Überlänge. Auch wenn es zunächst überhaupt nicht danach aussieht.
0:5 steht es nämlich schon nach den drei Eingangsdoppeln und den ersten beiden Einzeln im oberen Paarkreuz. Das sieht so ganz nach einem klaren Start-Ziel-Sieg für die Mannschaft vom SV Nortrup aus. Und so macht sich unter den Zuschauern schon erster Frust breit, zumal auch die Getränkeversorgung wegen einer geschlossenen Veranstaltung im Sportler-Treff vollständig zusammengebrochen ist. Ein Skandal!
Zwar gehen die Nortruper um ihren Ausnahmespieler Stefan Neßlage als Tabellenzweiter hier als Favorit ins Spiel, aber so ganz ohne Chancen sieht sich die Dritte vor dem Spiel auch nicht. Zumal die Vierte ja unlängst schon vorgemacht hatte, wie man den Jungs aus dem Nordkreis mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung und großer Einsatzbereitschaft in beinahe aussichtsloser Lage noch einen Punkt abluchsen kann (Wir berichteten.).
Kurios ist die Ausgangslage: HP Beste frisch operiert, Jürgen Höpfner immer noch verletzt, John Schönhoff krank und Tom Heiber beruflich verhindert. So stehen von der für die Rückrunde gemeldeten Dritten nur noch Ulli Kasselmann und zur Überraschung einiger, Dominic Kreusch, der sich studienbedingt für den Rest der Saison ja eigentlich schon abgemeldet hatte, in der Halle.
Dazu kommen Jens Wascher – der schon die komplette Hinrunde ohnehin für die Dritte gespielt hatte – und als Joker die Nummern 1-3 der Vierten, also Christoph Gringmuth, Lasse Treger und Justus Treubel. Angesichts dieser zwar improvisierten, aber dennoch vorzeigbaren Aufstellung von einer stark ersatzgeschwächten Mannschaft zu sprechen, wäre wohl übertrieben. Im Gegenteil, um den Restfunken der Hoffnung auf den Relegationsplatz am glimmen zu halten, ist das eigentlich keine so schlechte Ausgangsposition. So glaubt man zumindest auf Seiten des OSC noch vor Spielbeginn.
Welcher Teufel die Dritte allerdings reitet, bei der Doppelaufstellung das eingespielte Erfolgsduo der Vierten, Gringmuth/Treubel, die immerhin in ihrem Spiel gegen Nortrup das Kunststück fertigbrachten, das Schlussdoppel gegen Neßlage/Lüvolding zu gewinnen, auseinanderzureißen, wird dem Verfasser dieser Zeilen auf ewig ein Rätsel bleiben und sollte sich dann leider auch nicht als gewiefter Taktiktrick, sondern als veritabler Rohrkrepierer erweisen. Die drei verlorenen Auftaktdoppel sind beredtes Zeugnis dafür, auch wenn zwei davon im Fünften nur knapp verloren gehen.
Und während sich die Zuschauer immer noch kopfschüttelnd gegenseitig ihr Unverständnis über die misslungene Doppelaufstellung versichern, geht es im oberen Paarkreuz gleich noch weiter abwärts. Dominic ist gegen Stefan Neßlage erwartungsgemäß chancenlos, und auch Ulli muss Heiner Lüvolding nach fünf Sätzen mit Verlängerung gratulieren. 0:5 – ein Fehlstart par excellence und das alles auch noch ohne den Hauch einer Chance auf ein frisch Gezapftes. Was könnte schlimmer sein?
Nun heißt es wohl oder übel getreu der Ulbrichtschen Devise zu handeln, also: „Überholen ohne einzuholen!“ An diesen 5-Jahres-Plan halten sich die treuen „Genossen“ Gringmuth, Treger, Treubel und Wascher und punkten für den OSC gleich viermal am Stück zum 4:5-Zwischenstand.
Danach ist allerdings wieder das bis dato glücklose obere Paarkreuz am Zug, in dem Dominic leider trotz einiger ansehnlicher Ballwechsel auch gegen Heiner auf verlorenem Posten steht und auch die Aussichten für Ulli gegen den beinahe unbesiegbaren Stefan (Bilanz: 22:3) nicht sehr rosig sind. Bahnt sich hier schon die Entscheidung an?
Aber Ulli zeigt einmal mehr sein großes Kämpferherz. Er überrascht Stefan im ersten Satz, hat im Zweiten dann das nötige Quäntchen Glück, um in der Verlängerung zu gewinnen, nimmt im Dritten eine schöpferische Pause, um dann im Vierten wieder voll da zu sein und am Ende mit 11:9 die Nase vorn zu haben. Chapeau, Herr Kasselmann! Damit hatten wohl nur die allerkühnsten Optimisten gerechnet.
5:6, zwar immer noch hinten, aber so ist doch noch nichts verloren. Im Gegenteil: Christoph gewinnt gegen Arendt Meiling und Lasse gegen Uwe Schieferdecker, so dass der OSC erstmals in dieser Partie in Führung gehen kann.
Nun müssen Justus und Jens ran, und das ist für beide alles andere als ein Spaziergang. „Justi“ liegt bereits 1:2 gegen Hartmut Paschke hinten, bevor er wieder zu seinem gewohnt mutigen Angriffsspiel findet und am Ende dafür mit dem Sieg belohnt wird.
Noch knapper ist es bei Jens, für den nach 1:2-Rückstand im vierten Satz gegen Philipp Kesse schon beinahe Endstation ist. Mit 12:10 kann er den aber noch drehen und macht dann im Schlusssatz alles klar. 9:6-Endstand für den OSC!
So reicht es nach über vier Stunden mit einem völlig misslungenen Start doch noch zum erhofften Sieg. – Ein wahrer Fight mit Happy End, aber auch eine echte Zumutung für alle Zuschauer. Immerhin gibt es im Anschluss dann endlich auch etwas zu trinken. 😉
Am kommenden Freitag, dem 23.3. geht es um 20:15 Uhr in Halle B gleich weiter gegen den Tabellenführer aus Fürstenau. Da wird man mindestens ähnlich viel Glück und vor allem wohl eine bessere Doppeltaktik brauchen, um weiterhin von Platz 2 träumen zu dürfen.
P.S.: Und die Dritte wäre klug beraten, die Versorgung der Zuschauer während dieses Spiels schon im Vorfeld sicher zu stellen. Andernfalls prophezeie ich einen sehr schleppenden Kartenvorverkauf für dieses Spitzenspiel.