Am Sonntag ging es in aller Herrgottsfrühe – ich sage nur Zeitumstellung 🙁 – zum Auftakt der Weltmeistermeisterschaft mit der ganzen Familie nach Dortmund. Allerdings kann von „verirren“, wie von Stefan fälschlicherweise behauptet, hier natürlich gar keine Rede sein, denn das Navi fand den 120 km langen Weg von Osnabrück zur Westfalenhalle über die fast leere A1 so selbstverständlich wie die OSCler nach dem Training den Weg von der Umkleide zu Gerda.
Trotz der frühen Uhrzeit erwartet uns eine furchtbar lange Schlange vor der Tageskasse. Und diese Aussicht, gepaart mit der Einsicht, dass es tatsächlich noch mehr TT-Verrückte gibt, die am Sonntag freiwillig so früh aufstehen, trägt natürlich zunächst nicht zum Abbau der ohnehin latent vorhandenen Morgenmuffeligkeit des Fahrers bei.
Immerhin bequemt sich der Veranstalter, kurz nachdem wir uns widerwillig eingereiht haben, dann doch eine zweite Kasse zu öffnen, was die Laune aller Anstehenden natürlich schlagartig verbessert. Dazu kommt, dass Kinder in Begleitung Erwachsener am ersten Tag sogar freien Eintritt haben. Eine schöne Aktion. So dauert es dann doch nur fünfzehn Minuten bis wir in den Besitz der heißbegehrten Tickets kommen und in die Halle können.
Nachdem wir uns in der Haupthalle problemlos ein paar schöne Plätze mit prima Sicht auf alle vier Tische gesichert haben, beginnen auch schon die ersten Gruppenspiele der Damen. Dabei zeigen die Chinesinnen gleich mal, dass sie sich diesmal nicht wie noch 2010 mit Platz 2 zufrieden geben wollen. Sie fertigen die Weißrussinnen mit einem mühelosen 3:0 in Rekordzeit ab. Aber auch für die deutschen Damen ist das Spiel gegen Frankreich nur ein lockerer Aufgalopp. Bei ihrem 3:0-Sieg gibt es keine größeren Probleme.
Vor Beginn der Herrenspiele geht es erstmal auf Erkundungstour durch die restlichen Westfalenhallen, denn 145(!) Teilnehmerländer können ihre Spiele ja kaum alle an den vier Tischen der Haupthalle austragen. Und so stehen in den Nebenhallen noch gefühlte 50 weitere Tische, an denen ebenfalls gespielt wird. – Apropos die vier Tische der Haupthalle: Die muss man gesehen haben! Ein echter Blickfang.
Anstelle des misslungenen Handy-Fotos verlinke ich hier mal auf ein Butterfly-Werbevideo, in dem der eigens für die WM entworfene Tisch „One Earth“ ins rechte Licht gesetzt wird. Übrigens: Diese Platten wären sicher auch etwas für uns, allerdings soll der Preis bei ca. 30.000 Euro pro Tisch liegen und vier davon wären eh zu wenig. 😉
Für alle, die auch selbst den Schläger schwingen wollen, gibt es in einer Nebenhalle sogar ein eigenes Aktivitätscenter, in dem man mit Leihschlägern an Platten in allen Größen ein bisschen klickern kann, wenn man denn angesichts der Heerscharen von Kindern und Jugendlichen tatsächlich einen freien Tisch findet. 🙂
Noch schöner für alle Materialfetischisten unter den Besuchern, und davon gibt es offensichtlich überreichlich, ist die Halle mit den Ständen der Ausrüsterfirmen. Hier ist wirklich alles vertreten, was in der Tischtennisszene Rang und Namen hat und zeigt den interessierten Freaks, was sie so an Zubehör zu bieten haben. Besonders attraktiv ist das Ganze vor allem deshalb, weil nicht nur gezeigt, sondern auch verkauft wird. Und das zum Teil weit unter den Katalogpreisen, so dass Schnäppchenjäger hier voll auf ihre Kosten kommen.
Mit prall gefüllten Tüten geht es dann zurück in die Halle, wo mittlerweile Timo Boll & Co. ihr „öffentliches Training“ gegen Tschechien absolvieren. Lediglich Patrick Baum macht es einigermaßen spannend und muss gegen Petr Korbel über fünf Sätze, dann ist das Spiel auch schon wieder vorbei.
Glücklicherweise gibt es an den anderen Tischen spannendere Begegnungen. Dort gibt sich die ehemalige und aktuelle europäische Spitze die Ehre: Samsonov, Primorac, Freitas, Monteiro, Karakasevic, und und und … Alle sind sie dabei und bieten teilweise großen Sport. Nur auf die Chinesen muss ich schweren Herzens verzichten, denn die spielen erst am Abend gegen Griechenland. Doch wegen anhaltender Proteste des jüngsten Mitfahrers („Mir ist langweilig!“), müssen wir nach acht Stunden die Halle nach der eingeschobenen Eröffnungsfeier am späten Nachmittag verlassen.
Nicht ohne jedoch auf besonderen Wunsch eines weiteren Mitfahrers noch einen kurzen Abstecher zum direkt nebenan gelegenen Lüdenscheider Fußballtempel zu machen, wo der Verfasser dieser Zeilen als bekennender S04-Fan „gezwungen“ wird, auch noch den unmittelbar am Stadion gelegenen Devotionalien-Shop aufzusuchen, um ein vom fußballfantechnisch mißratenen Nachwuchs heiß ersehntes BVB-Shirt vorzufinanzieren. – Stichwort: psychische Gewalt gegen Eltern, ein von der Öffentlichkeit totgeschwiegenes Thema! Okay, ich schweife ab, aber ich persönlich hätte dort ja lieber das hier gekauft. 🙂
Anschließend noch ein alkoholfreies Weizen im benachbarten Biergarten bei schönstem vorabendlichen Sonnenschein und dann zurück nach Osnabrück. Alles in allem ein gelungener Tag.
Einen Abstecher zur WM kann ich daher nur wärmstens empfehlen. Bis nächsten Sonntag gibt es noch Gelegenheit dazu. Nehmt aber ausreichend Geld mit. 😉
Nähere Infos unter <http://www.westfalenhallen.de/> zur Veranstaltung und zu den Tickets.